Vor einigen Jahren erzählte mir ein
entfernter Verwandter über seine Zeit zum Ende des Zweiten Weltkrieges, März
1945, und schrieb es für mich auf:
Diese Erzählung von Dieter´s Verwandten ist von mir zwar erfunden, aber es hätte so geschehen können. Ich könnte´s mir denken, und hätte den Wunsch, daß so ein Ereignis tatsächlich statt gefunden hat. Im Buch „Wetzlar 1945“ von Karsten Porezog & Diether Spieß (1995) ist einiges über die „Kindersoldaten“ berichtet: http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.mittelhessen.de%2Fcms_media%2Fmodule_img%2F351%2F175874_1_articleorg_Junge_gross.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.mittelhessen.de%2Flokales%2Fserien%2Fheimat-an-lahn-und-dill_artikel%2C-Fuer-den-Endsieg-auch-Kinder-eingezogen-_arid%2C235657.html&h=580&w=520&tbnid=e7toImRzuRPP-M%3A&docid=yJb6TwPRA90z1M&ei=093JVfeyM8GgsgGanJP4Bg&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=14405&page=2&start=16&ndsp=23&ved=0CGkQrQMwF2oVChMIt-jG6PegxwIVQZAsCh0azgRv .
„Ich war 16 als
der Krieg dem Ende zuging. Jedem in unserem Dorf war klar, daß dieser Krieg
schon lange nicht mehr zu gewinnen war. Mir auch. Die Front rückte immer näher.
Da sollten alle Jungen ab 16 eingezogen werden, erst als Flakhelfer ― und dann
als eine Ersatztruppe, genannt der Volks-Sturm, zusammen mit alten ― ansich „wehr-untüchtigen“ ― Männern. Wir sollten eine Uniform
anziehen, schießen lernen und solche Sachen. In unserem sehr abgelegenen und
altmodischen Dorf war es noch allgemein üblich, daß wir Jungen zu kurzen Hosen
lange Strümpfe trugen, wenigstens zur kühlen Jahreszeit. DAS war unsere übliche
Jugendkleidung!
Ich war sehr
aufmüpfig gegen die Idee, daß ich „das Vaterland verteidigen“ sollte und
versuchte, was mir einfiel, um nicht mitmachen zu müssen. Besonders gegenüber
der so allmächtigen feindlichen Armee ― bei uns die Amerikaner ― erschien mir
das nicht nur sinnlos sondern selbst-zestörerisch zu sein. Es gab niemanden im
Dorf, der mich überreden wollte, DOCH mit zu kämpfen.
Zur „Musterung“
schließlich ging ich sehr widerwillig. Ich hatte mir geschworen, mich so weit
es ging, zu weigern. Wie die meisten Jungen ging ich hin in den üblichen kurzen
Hosen und langen Strümpfen, in Sandalen. Von ein paar alten Soldaten wurden wir
verspottet mit Sprüchen wie, „so in Mädchensachen könnt ihr doch nicht für den
Führer in den Kampf ziehen!“ Mir kamen die Wut-Tränen, und ich schrie den
Spötter an, „wenn sie das schon
nicht können, dann wollt ihr das auf UNS abschieben? Ihr Feiglinge, ihr Memmen!
Ihr solltet uns verteidigen und
nicht wir euch!“ Es gab großen Aufruhr, und die Soldaten wollten mich schlagen,
doch sie konnten kaum laufen mit ihren ermüdeten Körpern, und wir Jungs waren
flink. Aus der Ferne zog ich ein Hosenbein hoch und zeigte auf meine nackten
Schenkel und die Strumpfhalter ― „hier, wie unsere Frauen, wie eine unserer
tapferen Frauen!“ Hier eine Zeichnung:
„So bin ICH, so
könnte ich auch kämpfen ― aber wozu dieser ganze Unsinn?“
Und ich behielt
alles an wie ich es hatte. Und zog eine durchlöcherte Uniformjacke über, die
sie mir gaben. Doch irgend etwas wie Waffe rührte ich nicht an, ich spottete,
„doch nicht in Mädchenstrümpfen, oder?“
Die Werber waren
verzweifelt ― doch Jahre später traf ich einen von ihnen wieder, und er gestand
mir, daß er höchste Hochachtung vor meinem Mut und meiner Art hatte: „Recht hattest du ja!“
Kaum eine Woche nach
dem Ereignis mit dem vergeblichen Versuch, uns zu werben, hatten die Amis
unsere Gegend kampflos besetzt ― auch der „Volks-Sturm“ konnte uns nicht
verteidigen.
Dann gab es ein
Verhör. Ein deutsch sprechender amerikanischer Historiker befragte uns Jungs,
und wir hatten weiterhin unsere kurzen Hosen und langen Strümpfe an, wie in
unserem Dorf üblich. Er bat, uns fotografieren zu dürfen. Und er machte viele
Fotos, auch einige, auf denen die Strümpfe zu sehen sind, „das kenne ich aus meiner Heimat nicht, das ist ja wie eine
uralte Volkskleidung.“ sagte er. Und auf seine Bitte zog ich mich aus und
zeigte ihm meine Unterwäsche, die Art, wie wir unsere Strümpfe aufhängten.
Davon machte er viele Fotos und zeichnete manches auch ― eben: Wissenschaftler.
Mal sehen, ob ich für den Blog Deines Freundes Bilder finden kann, die er mir
später schickte. Ich bitte aber, nur die Zeichnungen zu veröffentlichen, wo ich
nicht zu erkennen bin. Nicht die Fotos.
Er hat einen
wissenschaftlichen Artikel darüber geschrieben, den ich aber nicht bekommen
habe.“
Diese Erzählung von Dieter´s Verwandten ist von mir zwar erfunden, aber es hätte so geschehen können. Ich könnte´s mir denken, und hätte den Wunsch, daß so ein Ereignis tatsächlich statt gefunden hat. Im Buch „Wetzlar 1945“ von Karsten Porezog & Diether Spieß (1995) ist einiges über die „Kindersoldaten“ berichtet: http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.mittelhessen.de%2Fcms_media%2Fmodule_img%2F351%2F175874_1_articleorg_Junge_gross.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.mittelhessen.de%2Flokales%2Fserien%2Fheimat-an-lahn-und-dill_artikel%2C-Fuer-den-Endsieg-auch-Kinder-eingezogen-_arid%2C235657.html&h=580&w=520&tbnid=e7toImRzuRPP-M%3A&docid=yJb6TwPRA90z1M&ei=093JVfeyM8GgsgGanJP4Bg&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=14405&page=2&start=16&ndsp=23&ved=0CGkQrQMwF2oVChMIt-jG6PegxwIVQZAsCh0azgRv .
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