Aneta und ihre neue Mode:
die Langen Strümpfe unter ihrem
Kleid
Onkel Paul hat ein besonderes
Verhältnis zur Familie der Schwester meiner Mutter, der Mutter von den drei
Kindern Aneliese, Stefern (Spitzname für Steffan) und Karola. Das hängt mit
seinen Interessen an Herstellung und Handel von langen Strümpfen zusammen, also
Strümpfen, die das ganze Bein bedecken, oder wenigstens fast. Oder sogar
länger. Er ist halt Kaufmann und möchte mit seiner Produktion Geld verdienen,
wenigstens so viel, daß er gut leben kann. Doch er hat auch Spaß an der
Gestaltung von Mode, besonders Kindermode. Darüber habe ich geschrieben:
"Neue Lange Strümpfe für
Kinder und andere"
Ab und zu trafen wir uns mit
dieser Familie. Und wie die Geschichte passierte, als mein Vetter Stefern für
Onkel Paul diese alte Mode der Langen Strümpfe ausprobierte und in seiner
Klasse vormachte, war ich - die Aneta - zehn Jahre alt und fand das Ganze ziemlich albern - anfangs jedenfalls. Denn diese Art, die Beine unterm Kleid zu bekleiden,
kannten wir von unseren Großmüttern, und das fand ich recht häßlich und - wie ich bei Goethe gelesen hatte - abgeschmackt.
Und nun sollten Kinder ? Ich hatte
so was nie angehabt und nie bei einem Kind gesehen - außer auf alten Fotos in den Foto-Alben eben dieser Großmütter, in denen
viele Kinder so was trugen.
Doch irgendwo fand ich einen
Stapel alter Modezeitschriften aus den dreißiger Jahren. Und da war es wieder:
Frauen, die ihre Unterwäsche vorführten und Reklame für solche Firmen machten,
wie auch Onkel Paul gerne eine hätte. Und diese Unterwäsche bestand aus Dingen
wie Korsetts, gewisse Gürtel mit lauter angehäkelten Spitzen und schließlich
den altmodischen Strumpfhaltern dran, an die die Langen Strümpfe befestigt
waren, oh ja: Seiden-Strümpfe, "der Stolz einer jeden eleganten Dame", wie es
da stand. Hier so ein altes Bild:
Und wie ich das sah und immer
wieder diese Zeitschriften studieren konnte und
immer wieder hingewiesen wurde, daß auch ich vielleicht mal eine "elegante Dame" werden würde, da verlor sich das Lachen über die Albernheiten
von Onkel Paul und Stefern. Und eines Tages - besser eines Nachts in einem erregenden Traum - erschien mein neuer Plan: auch ich will Lange Strümpfe anziehen, so wie
Vetter Stefern, nein eigentlich eleganter, Damen-hafter, nicht so jungenartig.
Nun war ich ja erst zehn Jahre alt, und mir kam das noch nicht passend vor, und
ich hatte allerlei Scheu vor dieser neuen Sache - obwohl ja in Stefern´s Schule einige Mädchen welche trugen. Doch die
waren aus dem Nachbardorf, und sie waren immerhin schon zwei Jahre älter als
ich. Hier mal eine Zeichnung von Stefern und einem Freund, die da 13 waren:
Ja, also so etwa. Doch ich
musste noch einiges regeln und mich damit anfreunden, ehe es so weit war. Und
auf keinen Fall wollte ich wie einer der Jungen aussehen. Meine Mutter kannte
eine Schneiderin, die einiges von alter Mode verstand, Frau Ließmann. Zu ihr
ging ich erst als ich fast 13 war, und ich erzählte ihr von meinen Ideen. "Mädchen," sagte sie zum Beginn, "da beginnst du ja mit einem Wagnis. Früher
war das ja eine ganz normale Kleidung, doch heute denken viele Leute, ein
Mädchen in Langen Strümpfen will sich darstellen wie eine, die die Jungen
verführen will - nicht nur einfach zum Eis-Essen
Gehen oder ein wenig küssen, sondern viel mehr."
Und sie empfahl mir, zuerst wie
ein Junge kurze Hosen über die Langen Strümpfe an zu ziehen - statt eines Kleides. Und die Strumpfränder und die Strumpfhalter unter
den Hosenbeinen zu verbergen, sehr weit hoch. Und mit meinen Zöpfen ganz wie
ein Mädchen auszusehen. "Dann gewöhnst du dich daran, und die anderen auch."
Frau Ließmann hatte aus alten
Zeiten Kleidungsstücke, die heute niemand mehr trägt - außer ich demnächst. Und sie gab mir ein Paar Kinderstrümpfe, so wie
diese:
"Und was mache ich, damit sie
nicht rutschen? Ich kann doch nicht diese Korsetts anziehen wie die alten Damen
in den Zeitschriften. Doch sie müssen schon ordentlich sitzen - besser als bei Stefern und seinen rauhen Knaben, feiner." Da hat sie mir schnell ein Kinderleibchen
geschneidert, unten vier Knöpfe dran, an die ich als Strumpfhalter Lochgummis
knöpfte, und am Ende sah ich etwa so aus:
Und die Strümpfe, die sie mir
gab, waren wirklich so lang wie auf dieser Zeichnung. Und ich zog alles so an
wie sie mir sagte. Dazu musste ich mich ja ganz ausziehen, und da schämte ich
mich etwas, besonders weil ich ja nicht mehr richtig Kind war mit meinen ersten
kleinen Härchen am Unterleib. Frau Ließmann ist eine liebe Frau und tröstete
mich: "jeder Mensch ist mal nackend und das ist schön." -- Für die kurze Hose schämte ich mich auch, sah so anders aus.
Das Jungenhafteste aber war dann
eine Fliege, die ich über ein weißes, gestärktes Oberhemd zog. "So wirst du
gewiß länger adrett bleiben als jeder Junge -- so wild wie die sind." So ging ich zur Schule, und die anderen
bewunderten mein Oberhemd und die Fliege, doch meine kurze Hose sahen wenige,
und die Strümpfe am ersten Tag keine. Und die waren doch das Wichtigste ! Ich
hätte ihnen gerne die Strumpfhalter gezeigt, die waren aber zu weit oben, weit
in meiner Unterwäsche.
Komisch, in der kurzen Hose
wurde ich auch wilder, rannte so viel umher wie die Jungs. Meine langen Haare
wirbelten so viel umher wie im Sturm.
Die anderen Mädchen dachten wohl -- wenn sie überhaupt darüber nachdachten --, daß ich Strumpfhosen anhätte, was ich aber nur als kleines Mädchen
hatte, bis sechs. Sonst aber trug ich in kalten Zeiten lange Hosen, zum
Schlittenfahren mit langen Unterhosen -- sportlich wie
die Jungs. Sonst meistens ein rechtes Mädchenkleid, knielang oder länger,
manchmal mit langer Trainingshose drunter.
Und nun lebte ich einige Wochen
in kurzen Hosen bis ich endlich in das Wagnis steigen wollte, die Langen
Strümpfe unter einem Kleid zu tragen, mit Strumpfhaltern unter dem Kleid
und allem. DAS war der eigentliche Sprung. Doch schon in der Jungen-Art mit
kurzen Hosen war es neu: als ich bei Frau Ließmann das erste Mal die Strümpfe
über die Beine zog, kam ein wirklich schönes Gefühl auf: mit den Händen über die
bestrumpften Beine streichen, besonders an den Knien. Wie sie sagte, sind diese
Strümpfe aus Baumwolle, und darauf sollte ich immer achten: nie Wolle, denn die
kratzt nicht selten unangenehm. Außer Lammwolle oder Kaschmir- oder sogar Alpakawolle. Nur, was ich später
auch mal tat: bei großer Kälte wollene über die baumwollenen ziehen, zum
Schifahren oder Wandern in den Bergen. Mehrere Paare über einander.
Doch im Unterricht: neben mir
saß ein Mädchen, das mich sehr mochte. Die Elli legte eine Hand auf mein Knie, "das fühlt sich sehr gut an", und ich freute mich. Dann schob sie die Hand in
mein Hosenbein und spürte schließlich einen Strumpfhalter und den Knopf. "Strumpfhosen?" zweifelte sie, und ich schüttelte verschämt den Kopf: "nein, Strümpfe,
kennst du so was nicht?" Nach einigen Minuten: "Nein, aber schön. Sogar sehr
süß, meine ich. Da oben fühle ich deine Haut."
Wie ich in der Nähstube von Frau
Ließmann zum ersten mal die Strumpfhalter unter den Schlüpfer spannte und an
die zwei Knöpfe befestigte, die oben am Strumpf sind, da war noch so ein
besonderes Gefühl, das ich noch nie gehabt hatte: Dann die Beine des Schlüpfers über den oberen
Rand der Strümpfe ziehen, und nun die kurze Hose drüber, alles vollständig - nur eben jungenhaft, was ich ja eigentlich vermeiden wollte. Die
Strümpfe glatt ziehen und die Gummis so anknöpfen, daß sie gespannt sind . . .
das war jetzt damenhaft, dachte ich damals. Bis ich lernte: Lange Strümpfe
kann jeder Mensch tragen, sie sind einfach gute Beinbekleidung, bequem und
praktisch und schön aussehend.
Hier ein Bild, wie die Knaben in alten Zeiten (1920er, aus Oma´s Album) zum Schifahren kurze Hosen trugen - na vielleicht etwas länger, damit der Fahrtwind nicht die nackte Schenkelhaut traf. Strümpfe und Hosen müssen schon ein Stück weit überlappen.
In unserer Familie trugen wir
Kinder meistens dicke, 3/4 schenkellange Unterhosen, und Mutti erzählte, daß
früher ihre Strümpfe immer so lang waren, daß sie in die Unterhosen gesteckt
waren, also nichts Nacktes zwischen Strumpf und Schlüpfer war wie bei anderen
Kindern. "Wir sollten uns nicht die Blase erkälten." Und so sollte ich es auch
tun, und wollte es.
Es wurde dann aber anders. Mutti erzählte nämlich mal, daß
früher manche Kinder oben in ihre Strümpfe Spickzettel gesteckt hatten um
während Klassenarbeiten Hilfe zu haben. Das wollte ich auch, und da durften die
Strümpfe nicht so lang sein.
Oder ich musste noch eine
Handbreit unterhalb des Strumpfrandes einen weiteren Knopf für den
Strumpfhalter annähen und die Strümpfe etwas runter rollen. Der Spickzettel unterm Rock, denn da durfte der Lehrer jia nicht hinsehen.
Das war nun nicht elegant, aber
es war neu und hilfreich und überzeugte die anderen Kinder.
Auch steckten
manche ihr Taschentuch an diese Stelle, ich irgendwann ebenso. Ein Freund meiner Mutti hat dieses Bild für unsere Geschichte gezeichnet: das Taschentuch in den Strumpf gesteckt. Denn ein
Taschentuch-Täschchen wie die kleinen Kinder, das wollte ich nicht umhängen. Hier könnte ihr auch die einfache Strumpf-Aufhängung sehen: das einfache Lochgummiband und den Knopf am Strumpf. Und oben ist dann das Leibchen.
Und nun die Kleider: ich trug unter Kleid oder Rock meistens ein wärmendes Unterkleid mit Spitzen am unteren Rand, wie es früher viele Mädchen hatten, nun aber von Mutti geerbt. Und diese Unterkleider gaben mir viel Freude, ich spielte mit ihnen und hob das Kleid etwas und zeigte meinen Spitzenrand allen, die ihn sehen mochten. Und da lernte ich auch, den anderen Kindern von meiner neuen Mode etwas vorzustellen: das Unterkleid mit dem Spitzenrand, die Strümpfe -- statt Strumpfhosen -- und manchmal sogar die angeknöpften Strumpfhalter. Deswegen mochte ich oft nicht die ganz langen Strümpfe tragen sondern etwas kürzere -- oder die etwas runter gerollten.
Und nun die Kleider: ich trug unter Kleid oder Rock meistens ein wärmendes Unterkleid mit Spitzen am unteren Rand, wie es früher viele Mädchen hatten, nun aber von Mutti geerbt. Und diese Unterkleider gaben mir viel Freude, ich spielte mit ihnen und hob das Kleid etwas und zeigte meinen Spitzenrand allen, die ihn sehen mochten. Und da lernte ich auch, den anderen Kindern von meiner neuen Mode etwas vorzustellen: das Unterkleid mit dem Spitzenrand, die Strümpfe -- statt Strumpfhosen -- und manchmal sogar die angeknöpften Strumpfhalter. Deswegen mochte ich oft nicht die ganz langen Strümpfe tragen sondern etwas kürzere -- oder die etwas runter gerollten.
Seit jüngster Kindheit war ich
Kleider gewohnt. War nichts Besonderes für mich. Nun aber wurde es besonders: als ich
die Strümpfe wegen der Spickzettel morgens etwas kürzte, erschien eine neue
Erfahrung: an den Oberschenkeln war ein Stückchen Haut nackt und sonst das
ganze Bein bedeckt, wärmer, bekleidet, windgeschützt. Dieses Stück Nacktheit
bekam den kühlen Wind, der ab und zu unters Kleid strich, zu spüren und genoß das !
Und schnell entstand eine Größe des Genusses, die ich bisher nicht kannte ! Und
als ich im Sommer nicht mehr die dicken und langen Winter-Schlüpfer anziehen
musste sondern leichte Unterwäsche, kurzes Höschen, berührte der Wind oberhalb
der Strümpfe noch ausführlicher die empfängliche Haut -- gewiß, unter dem Höschen, aber alles war nun leicht und locker und
durchlässig. Und das war mir schneller Anlass, immer Lange Strümpfe zu tragen,
selbst im warmen Sommer -- doch nun keine baumwollenen
mehr sondern Perlons (Nylons). Weil sie dünner sind. --, und immer ein Kleid (oder Rock) und nie mehr Hosen. Oder gar Strümpfe aus dünner Seide bei
festlichen Anlässen, wenn ich die Festlichkeit am ganzen Leib spüren wollte,
zum Beispiel während meiner Konfirmationsfeier. Und nun war es mit den kurzen
Hosen vorbei, ich brauchte sie nicht
mehr. Lange Kleider sind doch das stärkste !
In der Schule ging es so wie in
Stefern´s Schule: viele Kinder wollten die neue Mode auch genießen. Doch es war
schwierig, geeignete Lange Strümpfe zu bekommen, eher noch im
Second-hand-Bereich. Hier betone ich:
die Strümpfe, die ich wollte, sind immer in Brauntönen, auch mal
hellbraun oder wie die Erde, auch mal beige -- und das ist richtig. Da stelle ich mir vor, man könnte auch bunte
Strümpfe tragen, geringelt oder in verlaufenden Farben von oben nach unten oder
so, oder auch an den beiden Beinen verschiedene Arten . . .
oder mit Bildchen drauf.
Jemand wies mich auf die
käuflichen Strumpfhosen hin: "da findest du große Vielfalt !" Doch das sind ja keine Strümpfe, viel
unbequemer. Und wenn mal eine Strumpfhose kaputt geht, musst du sie weg werfen,
doch Strümpfe? Da kaufst du wenigstens zwei Paar derselben Farbe, und wenn ein
Strumpf zerreißt, hast du noch zwei neue Paare. Meine Mutti ging mal mit mir in
einen Laden und wir suchten eine besondere Strumpfhose aus und kauften zwei
Stück davon, und gingen zu Frau Ließmann, die schnitt mit einer Stoffschere das
obere Teil ab und ich hatte zwei Paar besondere Strümpfe ! Sie sagte, "die
brauche ich oben nicht zu ketteln, die ribbeln sich nicht auf -- außer Feinstrümpfe, die muß man umnähen, also gegen Aufribbeln sichern."
Je länger ich mich mit den
Langen Strümpfen beschäftigte, sie trug und zeigte, desto größer wurde meine
Hingabe und Liebe zu dieser Kleidung, und auch zu meinen Beinen, die ich ja damit
schmücke. Und alles andere meiner Kleidung stimme ich damit ab: Kleid und Strümpfe müssen zusammen passen,
ebenfalls Socken für die Füße, Schuhe, Halstuch, Anorak, Mütze, ja sogar die
Art wie ich Fahrrad fahre. Wenn meine Strümpfe nicht die ganzen Oberschenkel
bedecken, suche ich mir im Schrank ein Kleid aus, so lang, daß es die Waden
bedeckt. Davon habe ich zwei, und eines davon ist in den Mustern so altmodisch,
daß ich mir eines Tages schwarze Strümpfe beschaffte -- ganz im Stil des Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts. Dieses Kleid hat
viel Dunkelgrün, Samt, und Schwarz, und ganz schwarze Ärmel. Und schließlich
gelang es mir, ein Paar Strümpfe zu bekommen, die so grün wie der Samt des
Kleides sind -- oh wie vornehm ! An die
Außenseiten dieser Strümpfe zog ich mir einen dünnen Silberfaden rein.
Bei Frau Ließmann lag unter einer Glasscheibe ein Strumpfhaltergürtel aus den 30er Jahren, vielleicht für eine 13-Jährige, den sie mir zeigte aber nicht verkaufte. "Das ist ein Museumsstück, sozusagen. Doch ich mache dir einen, nicht gehäkelt sondern aus elastischem Stoff:"
Daran die typischen Strumpfhalter wie dieser von Nahem:
Bei Frau Ließmann lag unter einer Glasscheibe ein Strumpfhaltergürtel aus den 30er Jahren, vielleicht für eine 13-Jährige, den sie mir zeigte aber nicht verkaufte. "Das ist ein Museumsstück, sozusagen. Doch ich mache dir einen, nicht gehäkelt sondern aus elastischem Stoff:"
Daran die typischen Strumpfhalter wie dieser von Nahem:
Als das dunkelgrüne Kleid zu mir kam, war
ich 17, und ich zog es zuerst zu einer vornehmen Fête an, drunter den neuen Strumpfhaltergürtel. Und zu dem Kleid färbte ich
mir ein Unterkleid in matt orange Ton.
Das schaute ab und zu kurz heraus. Vorne an die Brust heftete ich eine
ovale Brosche mit goldenem Rahmen und einem blaßblauen Stein. Für dieses Kostüm
bekam ich während der Fête einen Preis, oh la la, in Form eines Opernbesuches
in der Hauptstadt unseres Bundeslandes. Dazu die Fahrtkosten und einen
Gutschein für ein Glas Champagner an der Theater-Bar. Ich habe vor allen
geweint vor Glück und Hingabe. Wie ich das schreibe, kommen mir schon wieder
die Tränen.
Das mit den Langen Strümpfen ist
ein Kleidungsstil, zu dem noch mehr gehört. Statt des Kinderleibchens begann
ich bald, mich vorzubereiten, Hüfthalter unter dem Unterkleid zu tragen, an die
Knöpfe angenäht waren, für vier Strumpfhalter. Darauf brachte mich meine
Schul-Freundin Helga-Liese, die das von ihrer Mutter übernommen hatte. Solche
Hüfthalter mögen manchmal zu eng sein und klemmen, doch ich fühlte mich gut
aufgehoben, den Leib umfasst von so einem Stück. Sie müssen so gestaltet sein, daß man sie
regulieren kann, meine hatten an einer Seite etwa zehn kleine Draht-Häkchen in
einer Reihe von oben nach unten, und mehrere Reihen von Ösen. Frau Ließmann gab
sie mir, sie hatte noch ein paar aus alten Zeiten, auch in Kindergrößen, die
ihr aber damals fast niemand mehr abgenommen hatte. Frau Ließmann war nicht nur
Schneiderin sondern hatte mal das Lager eines uralten, schon lange aufgegebenen
Ladens für Strumpf- und Kurzwaren übernommen und daraus verkauft --
bis das alles ganz aus der Mode
gekommen war. "Zuletzt habe ich noch an ein paar russische Frauen für ihre
Kinder verkauft, dort pflegten sie die alten Moden noch viele Jahre länger als
bei uns." "Kinder?" fragte ich, "auch
Jungen?" "Ja, das war so ihre Art.
Mädchen und Jungen. Doch das scheint nun alles vorbei zu sein: Blue Jeans auch
dort ! Oh wie banal."
Das erinnerte mich an Stefern
und seine nun neue Mode ! Ich werde es ihm erzählen, und dann kann er auch mit
Frau Ließmann reden.
Der Hüfthalter ist meistens bequemer als der Halter-Gürtel -- mal trage ich diesen, mal jenen.
Der Hüfthalter ist meistens bequemer als der Halter-Gürtel -- mal trage ich diesen, mal jenen.
Meine Kleidung im Sport. Ich
meine Schulsport, wo alle dabei sind. Alle Mädchen, meine ich, denn damals
hatten Jungs und Mädchen getrennt Sport, jedenfalls ab 10. Als ich
erst noch die einzige in Langen Strümpfen und Strumpfhaltern (heute sagt man
gut englisch Straps) war. Irgendwie war ich nie so abhängig vom "was man tut".
Meine ganz persönliche Kleidungsart war mir immer wichtiger als die allgemeinen
Gewohnheiten. Zum Sport zog ich Kleid oder Rock aus und hatte eine schwarze
Turnhose drunter -- wie alle Kinder. Doch meine
Stümpfe behielt ich an, rollte sie nur runter, wenn es mir zu heiß war.
Übrigens tat ich das auch im Klassenraum oder sonst im Haus bei großem
Schwitzen. Ich wusste aber, das sah nicht elegant aus, jedenfalls bei Nylons.
Bei braunen Baumwollenen war es tolerabel -- mit der
zusammen gerollten Rolle unter dem Knie, "Rettungsringe“ sagte meine Mutter in
ihrer Kindheitserinnerung. Es gibt ein Foto von mir im Sportunterricht, mit
Turnhose und Langen Strümpfen und Strumpfhaltern -- reichlich schlampig ! Die
anderen Mädchen guckten zuerst, und nach einigen Wochen haben andere das auch
so gemacht, vielleicht nicht so schlampig, ach das war nur das eine Mal, als
die Fotografin da war.
Zum Schwimmen zog ich das alles
aus -- doch ein paar Mal machte ich einen Versuch: wie ist
es, in Langen Strümpfen ins Wasser zu gehen ?
Das war etwas Besonderes: das Gefühl im Wasser mit den Strümpfen: die
Beine noch fester umschlossen als im Trockenen -- und mit dem Hüfthalter, der meine Hüften zusammen hielt -- alles sehr fest. Natürlich hatte ich viel Gepäck mit genommen, denn
Unterwäsche und Strümpfe waren naß, und das wollte ich nachher nicht
haben, kein Genuß!
Schon habe ich erwähnt, wie die Langen Strümpfe mir halfen, meinen Körper zu spüren und zu genießen, später lernte ich, daß man das Auto-Erotik nennt, Selbst-Erotik. Diese Genüsse kannte ich schon als kleines Kind, und es gibt da ein Foto, eine Schulaufnahme in der zweiten Klasse, auf der ich mit der Hand mein Kleidchen anhebe und meine Muschi im dicken Schlüpfer streichele, da kann man auch die Gummis an den Schenkeln sehen. Ich denke, das ist alles recht natürlich.
haben, kein Genuß!
Ihr seht,
nun bin ich schon ein Mode-Fan, ein Strümpfe-Fan, und das geht weiter. Im
Zusammenhang mit diesem Stil wurde ich auch ein Unterwäsche-Fan. Das heißt ich
gestaltete meine Unterwäsche so, daß sie den Ansprüchen der Strümpfe gerecht
wurde: statt des Kinderleibchens hatte mir Frau Ließmann ja schon längst zwei
Paar Strumpfhalter-Gürtel gemacht, mit vier modernen Strumpfhaltern dran, das
sind nun nicht mehr diese Knopflochbänder sondern in der Länge verstellbare
elastische Bänder mit den blitzenden Drahtschlingen, wie sie hier abgebildet
sind, ohne Knöpfe an den Strümpfen, das ginge bei Feinstrümpfen ja nicht:
Das alles
bedeutet nun nicht, daß ich dem Schülerinnen-Stil davon gelaufen wäre. Ich
blieb der Schule treu, in zwei Aspekten: Gelegentlich gab ich selbst
Unterricht, und zwar -- ihr werdet es ahnen -- in Kleidungskunde, besonders in
neu-alten Stilformen der Frauenkleidung. Also auch in ästhetischen Formen und
Techniken der Kleidung. Dazu durfte ich ein Praktikum in einer Strümpfe-Fabrik
und in einem Modeatelier besuchen, in den Ferien. Na ja, und die Lehre von Frau Ließmann !
Das zweite
war Sport: Berg-Wandern und Skilaufen waren mir das Wichtigste. Und immer im
Kleid und Langen Strümpfen ! Weil ich das all die Jahre seit ich 13 war so
zielsicher durchzog, überzeugte ich viele Leute von diesem Stil. Der anfangs
erwähnte Onkel Paul hat mit seiner Fabrik und seinen Stil-Ideen kräftig mit
geholfen.
Es sammelte sich eine kleine Schar von
Mitläufern, sage ich mal: Mädchen und Jungen, denen besonders die Langen
Strümpfe wichtig wurden. Auch Jungen und junge Männer begannen, kurze Hosen mit
Langen Strümpfen täglich zu tragen -- oder wenigstens zu Festen. Ich betone
jetzt mal: es entstand nicht etwa ein Verein oder Club zur Pflege von . . ., sondern es wurde eine Bewegung -- ohne Organisation, ohne Vorstand, ohne
Regeln, ohne Name . . .
Schon habe ich erwähnt, wie die Langen Strümpfe mir halfen, meinen Körper zu spüren und zu genießen, später lernte ich, daß man das Auto-Erotik nennt, Selbst-Erotik. Diese Genüsse kannte ich schon als kleines Kind, und es gibt da ein Foto, eine Schulaufnahme in der zweiten Klasse, auf der ich mit der Hand mein Kleidchen anhebe und meine Muschi im dicken Schlüpfer streichele, da kann man auch die Gummis an den Schenkeln sehen. Ich denke, das ist alles recht natürlich.
Später
merkte ich, daß meine Kleidung für viele eine erotische Anziehung hatte, Frauen
wie Männer. Vielleicht, weil das so selten zu sehen ist, so anders und
besonders ist.
Und als
ich erfahren hatte, wie diese Genüsse durch das Tragen der Strümpfe noch
stärker wurden, wollte ich nur noch diesen Stil tragen und bin dem auch treu
geblieben. Ich denke, bin echt junge Frau geworden. Ich war diesen Genüssen so
verhaftet, daß ich auch in sportlichen Taten nicht davon ließ: beim
Wandern, Schifahren, Klettern, selbst Schlittschuhlaufen. Ja selbst, wenn ich mit
15 eine Zeit lang Fußball spielte, trug ich unter den Fußball-Shorts Lange
Strümpfe — ähnlich wie heute die Jungen in Spanien.
Mein
Vetter Stefern, der wie ich dieser Sitte auch verfallen war, erzählte mir, daß
er ganz am Anfang seiner Strümpfe-Zeit gemerkt hatte, wie er der Erde mehr
verbunden war, er fühlte sich sicherer und stärker als mit nackten Beinen oder
langen Hosen, wenn er die Langen trug, sogar schon während des Anziehens.
Andererseits, wenn es ihm gut geht und er sich leicht fühlt, würde er sich
gerne wie ich kleiden, mit einem Kleid oder Rock. Und ab und zu lieh ich ihm
eines, lieber sollte es ein kurzes sein, Knie frei — doch in Strümpfen. Und
dann zog ich seine kurzen Hosen an.
Als Studentin machte
ich Versuche mit gemusterten Strümpfen. Da eignen sich geringelte und solche
mit diagonalen, schottischen Mustern, genannt Argyll. Zuerst nahm ich Stoffe
und nähte mir die Strümpfe zusammen, doch das blieb schwierig, weil sie nie die
nötige Elastizität bekamen. Dann kam ich zurück auf Strumpfhosen, von denen es
immer mehr mit schönen Mustern gab, kaufte mir welche und schnitt mir das
Oberteil ab. Doch die erdigen Farben blieben mir das Wesentliche. Gemusterte
Strümpfe blieben mir ein Spiel, erdig-einfarbige aber die wichtige Grundlage meines
liebevollen Wohlbefindens, ja eine psychische Notwendigkeit. Zum Abschneiden
lieh ich mir die Stoffschere von Frau Ließmann, denn mit einer Papierschere
geht das nicht. -- So kurz wie auf der folgenden Zeichnung sind meine Strümpfe selten, ich mag das nicht so gerne.
Bald entdeckte ich: Im Spätmittelalter, Renaissance und so trugen
in Europa eher Männer und Knaben Lange Strümpfe, auch manchmal in Mustern wie die berühmten Drei Heiligen Könige,
auf einem Gemälde aus Espinelves bei Barcelona, gemalt als Altarbild um 1200 (jetzt im Museo Municipal in Barcelona):
Mein Vetter Stefern und ich kamen uns mit den Jahren näher. Der Altersunterschied von zwei Jahren reizte uns. Wie bereits geschrieben, hatte auch er eine Vorliebe für Lange Strümpfe entwickelt, früher als ich, und er hat sich nie davon gelöst -- ich ja auch nicht. Er trägt ebenfalls oft einen Rock, denn: "Rock und Lange Strümpfe gehören zusammen, habe ich schließlich von dir gelernt," sagt er. Stefern war im Schulchor und sang sehr schön, erst einen engelhaften Sopran, dann ab 17, als er die Stimme gewechselt hatte, einen zunehmend volleren Bariton, wie die Lehrer sagten. Ich frage mich, wieso Engel? Sind Engel Mädchen, daß sie eine solche Stimme haben? Nein, wohl eher Knaben, denn es heißt ja auch der Engel, oder im Lateinischen männlich ANGELUS, der Bote Gottes, also männlich, also ist der Engel der Bote Gottes, und weil er eine helle Stimme hat, ist er ein Knabe -- immer: denn haben Engel etwa je einen Stimmwechsel, wachsen sie etwa? Werden sie je etwa erwachsen? Sie bleiben wohl Wesen, die auf unserer Mädchen-Seite sind, mit der Stimme zum Mindesten. Und mit ihren weichen, zarten Wangen. -- Es tut mir leid um die menschlichen Knaben, weil sie nicht ihr ganzes Leben laang im richtigen Knabenchor singen können. Und dann gibt es da den Dichter Angelus silesius, „schlesischer Engel“ oder „schlesischer Gottesbote“.
Uns gefallen drei Sprüche aus
seinem „Cherubinischen Wandersmann“:
Mensch, werde wesentlich, denn wann die Welt vergeht,
so fällt der Zufall weg. Das
Wesen, das besteht.
Mensch, was du liebst, in das wirst du verwandelt werden:
Gott wirst du, liebst du Gott,
und Erde, liebst du Erden.
werde ich auch der Stefern? Ja vielleicht später,
wenn unsere Liebe tiefer geht.
Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn:
man muß aus einem Licht fort in
das andre gehn.
Tragen Engel unter ihrem langen
Hemd auch Lange Strümpfe und Strumpfhalter? Sollen wir mal den Papst fragen,
oder den Dichter? -- Immerhin: Stefern und ich haben
uns gerne, und wenn uns danach ist, küssen wir uns ein wenig. Mehr ist uns nach
Umarmen, und so gehen wir oft durch Wald und Dorf, die Arme einander um Schultern und Leib gelegt, ganz eng. Und wie
das in unserem Alter so ist, geloben wir uns, immer zusammen zu bleiben, eine
Familie zu gründen, die heißen soll Familie
Langstrumpf ! Und ich kann´s ja schon mal verraten; später wollen wir
zusammen ein Kind haben und voller Liebe aufziehen, und so geschah es nach
einigen weiteren Jahren denn auch: eine Seele eingeladen, Willkommen geheißen
vom ersten Moment an. Doch Pipi soll es nicht heißen, das wäre ein wenig zu
kitschig.
Stefern jedenfalls blieb
irgendwie mädchenhaft, sein Bart blieb weich, sein Körper schmal und leicht, seine
Muskeln auch leicht. Meine Muskeln sind stärker. Stefern ist diese Art Mann,
die ich lieben kann, schon wegen dieser Körperart, blieb ein wenig Knabe. Auch weil er so schön
lächeln kann, und auch weinen, wie ich, vor Freude oder Rührung oder Liebe,
meistens.
Und dann ist mit den vielen Jahren unseres Zusammenseins noch etwas geschehen: Unsere sexuelle Anziehung ist nie begierig, eher ein liebevolles, gemeinsames Anerkennen und Ausleben der natürlichen Bedürfnisse. Und die Freude am von Mal zu Mal länger anhaltenden Orgasmus. Manchmal, wenn wir uns sehr nahe sind, dauert er eine Stunde, eine Stunde voller tiefster Nähe, körperlich und seelisch, ganz dicht Leib an Leib, immer wieder das Aufflackern eines wollüstigen Zitterns, ein Austausch der Energien, wie ein Austausch von Lichtstrahlen von Leib zu Leib, in großer Gemeinsamkeit, wie miteinander verwachsen. Dann sind wir nicht mehr zwei sondern Eins. Und so war es, wie wir unser Kindchen einluden: wir beide feiern ein zartes Fest mit fruchtigen Säften und Räucherkerzen und stiller Musik. Die Seele, die kommen will, ist bei diesem Fest dabei, noch nicht körperlich doch im Wünschen der kommenden Nähe, zu Dritt. -- Und dann das Ende des Orgasmus: sich zart voneinander lösen, in tiefer Dankbarkeit einander verabschieden und in großer Seligkeit in die eigene Bettdecke wickeln und dann helle Träume . . .
Und dann ist mit den vielen Jahren unseres Zusammenseins noch etwas geschehen: Unsere sexuelle Anziehung ist nie begierig, eher ein liebevolles, gemeinsames Anerkennen und Ausleben der natürlichen Bedürfnisse. Und die Freude am von Mal zu Mal länger anhaltenden Orgasmus. Manchmal, wenn wir uns sehr nahe sind, dauert er eine Stunde, eine Stunde voller tiefster Nähe, körperlich und seelisch, ganz dicht Leib an Leib, immer wieder das Aufflackern eines wollüstigen Zitterns, ein Austausch der Energien, wie ein Austausch von Lichtstrahlen von Leib zu Leib, in großer Gemeinsamkeit, wie miteinander verwachsen. Dann sind wir nicht mehr zwei sondern Eins. Und so war es, wie wir unser Kindchen einluden: wir beide feiern ein zartes Fest mit fruchtigen Säften und Räucherkerzen und stiller Musik. Die Seele, die kommen will, ist bei diesem Fest dabei, noch nicht körperlich doch im Wünschen der kommenden Nähe, zu Dritt. -- Und dann das Ende des Orgasmus: sich zart voneinander lösen, in tiefer Dankbarkeit einander verabschieden und in großer Seligkeit in die eigene Bettdecke wickeln und dann helle Träume . . .
Ich empfinde uns als eine
Engel-Familie, und lange weiße Hemden sind unsere tägliche Kleidung, wenigstens
zuhause und im Garten, dort oft barfuß.
Doch noch vor all diesen Ereignissen
wandern wir durch die Schweizer Alpen, wir beide in langen Anoraks, langen
Röcken und warmen Strümpfen -- in hohen, kalten Lagen zwei Paar
Strümpfe über einander: unten drunter
Nylons, darüber dicke Wolle, selbst gestrickt. Doch mit warmen, unbedeckten
Köpfen, keinerlei Kapuzen oder Hüte. Stefern: "in ihren dunklen Kapuzen
verstecken sich manche Leute, man kann sie nicht erkennen, fast feige ! Fast wie in einer saldatischen Uniform"
Und so schliefen wir ein paar
Nächte in der Herberge "Salacina", und besuchten das Museum des Malers Segantini in St. Moritz. --
An einem andern Ort trafen wir
eine einsame Ziegenhirtin, Pia Solèr. Wir blieben ein paar Tage in ihrer
Alphütte. Und sie freute sich über unsere Kleidung und beschloß, auch Lange
Strümpfe zu tragen, so lange sie nicht barfuß ging, "ach, dann kann ich ja auch
Stulpen tragen, aus meiner Schafswolle gestrickt." Pia spricht ein sehr
schönes, schweizerisch eingefärbtes Deutsch obwohl das nicht ihre Muttersprache
ist, sondern romansch, die vierte Schweizer Landessprache, ähnlich dem
Lateinischen. Ein wenig kann ich das lesen, aus meinem Schul-Latein heraus,
doch nichts verstehen oder sprechen.
Zum Abschied schenkt Pia uns ihr
Buch "Die Weite fühlen, Aufzeichnungen einer Ziegenhirtin". Hier ein Portrait
von ihr, wie es vorne im Buch ist:
Und dann treffen wir noch eine Familie, ebenfalls ganz einsam in einem abgelegenen Bauernhaus: Mutter, die drei Kinder, sogar der Vater in Langen Strümpfen, da sind wir uns ganz nahe gekommen, allein wegen dieser Sitte.
So war das mit meiner Marotte,
die vielleicht einen weit ausgedehnte Mode werden wird, hoffe ich, und grüße
Euch, die Aneta.
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